M?nchen/Unterallg?u (dk). Alireza Assobar hat eine besondere Gabe, Menschen zusammenzubringen. In Damaskus organisierte er 2009 gemeinsam mit weiteren Helfern ein deutsches Volksfest. Dabei kombinierte er syrische Gelassenheit mit deutscher Gr?ndlichkeit, servierte Sprachstudenten, Botschaftern und Unternehmern aus aller Welt W?rstchen, Sauerkraut, Kartoffelsalat und Brezeln. Seit 2016 verantwortet er bei der weltweit f?hrenden Beraterfirma Deloitte in M?nchen f?r Kunden aus verschiedenen Branchen in der so genannten „Big-4-Beratung“ komplexe digitale Projekte – zum Beispiel in den Bereichen Finanzen, IT-Beratung und Integration. Als Consulting Manager f?r Projektmanagement in „digitale Transformation“ und „M & A Post Merger Integration“ widmet er sich dar?ber hinaus den Themen Diversit?t, Kulturwandel und Mitarbeiter-Happiness. F?r seine Podcast-Reihe „Deloitte Breaking Bias“ – in der er namhafte Menschen aus der Wirtschaft und Gesellschaft zu Gast hatte – wurde er ebenso ausgezeichnet wie f?r sein Engagement in der Steigerung der Markensichtbarkeit des Unternehmens: die Deloitte-Mitarbeiter w?hlten ihn zum ersten „Diversity-Botschafter“. 2023 gr?ndete der bekennende Allg?uer mit iranischen Wurzeln eine eigene Initiative, die Unternehmen und ?ffentliche Organisationen im Bereich Diversity, Employer und Leadership Branding unterst?tzt. Zu diesen Themen h?lt Assobar (47) Impulsvortr?ge und ist als Keynote-Speaker aktiv. Alireza Assobar
Herr Assobar, was genau kann man sich unter Diversity und Inklusion in der Arbeitswelt vorstellen?
Alireza Assobar: F?r mich bedeutet das, dass alle Menschen ihre beruflichen Potenziale frei entfalten k?nnen und in einem Betrieb oder einer Organisation dieselben Chancen erhalten – unabh?ngig von Geschlecht, Alter, Herkunft, k?rperlicher Beeintr?chtigung oder sexueller Orientierung. Ein Wiedereinsteiger, der ?ber 50 Jahre ist, eine junge Frau mit einer Migrationsgeschichte oder eine Mitarbeiterin mit Handicap sind drei Beispiele. Jeder f?r sich k?nnte einen Betrieb oder eine Organisation mit seinen F?higkeiten und Erfahrungen bereichern, sofern in diesen Unternehmen eine Kultur gelebt wird, die diese Menschen einbindet, unterst?tzt und keineswegs ausgrenzt. Wer am Arbeitsplatz Anerkennung und Vertrauen erh?lt und Gleichbehandlung sp?rt, ist zufriedener, gl?cklicher, produktiver und innovativer.
Welchen Ratschlag geben Sie Unternehmen?
Alireza Assobar: Unternehmen stehen vor zahlreichen Herausforderungen. Von dem rasant fortschreitenden technologischen Wandel, etwa von der aktuellen Entwicklung der k?nstlichen Intelligenz, sind Betriebe ebenso betroffen wie vom demographischen Wandel. Hinzukommt eine gro?e L?cke bei den Fachkr?ften sowie die Herausforderung mit der Generation Z – einer Generation junger, zwischen 1995 und 2010 geborener Menschen, f?r die Arbeit eine ver?nderte Bedeutung hat. Wer im direkten Wettbewerb um die besten Talente mittelfristig wettbewerbsf?hig sein oder bleiben will, sollte deshalb seine Mitarbeiter und deren Wohl in den Fokus des Handelns stellen und alles daransetzen, sein Image als Arbeitgeber zu verbessern. Dazu geh?rt die Investition in Vielfalt, Inklusion und Mitarbeiterzufriedenheit, was zu einer nachhaltigen Unternehmensmarke beitr?gt.
Sie zeigen Unternehmen Wege auf, wie sie Diversit?t und Inklusion in den beruflichen Alltag integrieren k?nnen. Wie gro? ist aktuell die Bereitschaft in der Wirtschaft, nachhaltig f?r mehr Vielfalt und Diversit?t am Arbeitsplatz zu sorgen?
Alireza Assobar: Unternehmen erkennen immer h?ufiger die Wichtigkeit und Bedeutung einer gleichgestellten, diversen und inklusiven Arbeits- und Unternehmenskultur, und es werden auch bereits erste Anstrengungen unternommen. Der Weg vom Wunsch zur Wirklichkeit einer zukunftsorientierten und nachhaltigen Arbeitswelt ist jedoch noch weit und mit Schwierigkeiten gepflastert. Unternehmen m?ssen ja zun?chst einmal ihre Belegschaft von dem neuen Weg ?berzeugen. Dabei geht es darum, sich dem Thema proaktiv zu stellen, im Gespr?ch zu bleiben und erste Br?cken zu bauen. Meine langj?hrige Erfahrung zeigt, dass die Unternehmen davon profitieren werden.
Wie genau?
Alireza Assobar: Eine inklusive F?hrungskultur verbessert das Arbeitsumfeld, st?rkt die Marke eines Unternehmens und erleichtert die Mitarbeiterbindung sowie die Rekrutierung von qualifizierten Mitarbeitern. Es sollte die Priorit?t eines Unternehmens und seinen F?hrungskr?ften sein, ?berzeugungen und Werte nicht nur vorzugeben, sondern diese authentisch vorzuleben. Deshalb pl?diere ich stets f?r einen inklusiven F?hrungsstil, der allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf Augenh?he begegnet.
Das hei?t, Unternehmen sollten die Themen Vielfalt und Diversit?t zur Chefsache erkl?ren?
Alireza Assobar: Unbedingt! Positive Fortschritte in Betrieben kann es nur geben, wenn die F?hrungsebene die Richtung vorgibt und die Angestellten mit einbezieht – eine Ver?nderung von innen aus der Belegschaft heraus ist oft dann meist die Folge. Es gibt sehr oft Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Team, die l?ngst mehr Verantwortung ?bernehmen wollen, jedoch nie gefragt wurden. W?hrend meiner langj?hrigen T?tigkeit bei Deloitte habe ich hautnah erfahren, wie wichtig es ist, Vorurteile abzubauen, Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Unternehmen zu integrieren, sie zu motivieren und zu inspirieren, damit sie ihr volles Potenzial entfalten k?nnen. Als Migrant habe ich zudem selbst die Herausforderungen von Vorurteilen erlebt, weshalb es mir leichtf?llt, mich in die Lage anderer Menschen zu versetzen. Unternehmen sollten lernen, diese Empathie ebenfalls nachhaltig zu entwickeln.
Empathie als Initialz?ndung f?r mehr Erfolg im Unternehmen?
Alireza Assobar: Ja. Von allen Einflussfaktoren, die das Arbeitsleben in Unternehmen beeinflussen, ist keine so wichtig f?r das Wohlbefinden und die Produktivit?t der Mitarbeiter, wie das subjektiv empfundene F?hrungsverhalten. F?hrungskr?fte haben im Grunde keine andere Wahl mehr, als ihre Angestellten gut zu behandeln und so ein angenehmeres Betriebsklima zu schaffen. Unternehmen, die sich gegen?ber diesem Thema verschlie?en, werden es k?nftig bei der Mitarbeitergewinnung schwer haben. Sowohl soziale Medien als auch Arbeitgeber-Bewertungsplattformen vermitteln interessierten Talenten regelm??ig einen ausgewogenen Einblick in den tats?chlichen Alltag zahlreicher Unternehmen. Die Vergleichsm?glichkeiten f?r Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind bereits gegeben. Das k?nnte bei Mitarbeitern rasch in die Entscheidung m?nden, den Arbeitgeber zu wechseln. Umfragen unter der Generation Z ergeben, dass der Wunsch nach Anerkennung und Zufriedenheit im Betrieb sehr gro? ist. Zudem sind die h?ufig als Handy- und Social-Media-Generation bezeichneten jungen Menschen sehr offen f?r eine berufliche Neuorientierung und k?nnen es sich nur schwer vorstellen, mehrere Jahrzehnte in ein und demselben Betrieb zu arbeiten.
?ber Alireza Assobar
F?r den zehnj?hrigen Sch?ler Alireza Assobar ist es 1987 schwer greifbar, dass seine Zukunft in einem Ort namens Ottobeuren liegen soll. Das verwundert nicht, denn die Unterallg?uer Gemeinde liegt rund 5.000 Kilometer entfernt von Alireza Assobars Geburtsort Abadan – in der Stadt im ?u?ersten S?dwesten des Iran wird er im Februar 1976 geboren und w?chst dort auf. Die unmittelbare Grenzn?he zum Irak bereitet der Familie Sorgen – beide L?nder bek?mpfen sich seit Anfang der 1980-er Jahre im ersten Golfkrieg (1980 – 1988).
Die Familie verl?sst den Iran und findet ihr Gl?ck in Ottobeuren. Alireza Assobar besucht fortan die Grundschule, das Gymnasium und sp?ter die Fachoberschule (FOS) in Memmingen, die er 1997 mit dem Fachabitur im Zweig Wirtschaft erfolgreich abschlie?t. In seiner Freizeit spielt er mit Erfolg beim FC Memmingen Fu?ball. 1998 beginnt er an der betriebswirtschaftlich-technisch orientierten Fachhochschule im rheinland-pf?lzischen Worms ein Studium und w?hlt den Studiengang „Internationale Betriebswirtschaft und Au?enwirtschaft“.
2000 geht Alireza Assobar f?r ein Jahr nach New York, wo er innerhalb eines Studienaufenthalts bei der Siemens Corporation Berufserfahrungen sammelt. In der internationalen Personalabteilung k?mmert er sich insbesondere um die weltweite Entsendung von Firmenmitarbeitern. Wenige Wochen vor den Terroranschl?gen am 9. September 2001 verl?sst er die US-Metropole am Atlantik, die zu den bedeutendsten Handels-, Finanz- und Kulturzentren der Welt z?hlt. Die Hochschule zeichnet Alireza Assobar in dieser Zeit mehrfach f?r sein hochschul-politisches und soziales Engagement aus.
Seine erste Abschlussarbeit schreibt Alireza Assobar ?ber „Interkulturelle Wirtschaftskommunikation“, sp?ter an der Universit?t im hessischen Marburg eine weitere ?ber das Thema „Humankapital-Entwicklung“. Von Marburg aus f?hrt ihn von 2009 bis 2011 ein weiterer Studienaufenthalt an die Universit?t der syrischen Hauptstadt Damaskus. Er studiert ein Semester Volkswirtschaftslehre, nimmt Unterricht in Arabisch und organisiert f?r Sprachstudenten, Botschafter und Unternehmer aus aller Welt ein deutsches Volksfest. „Wiesn in der W?stn“ titelt seinerzeit ein bekanntes deutsches Nachrichtenmagazin, das ?ber das orientalische Oktoberfest berichtet. Alireza Assobar belegt in der Folge Studieng?nge in den Sprachen Deutsch, Englisch, Spanisch und Arabisch – zudem spricht er Persisch, die Sprache seines Geburtslandes Iran.
2009 gr?ndet er in der bayerischen Landeshauptstadt den Verein iranischer Professoren, Akademiker und Studierende e.V., kurz ViPASD, um iranische Studenten untereinander sowie mit deutschen Kommilitonen zu vernetzen.
Um die iranischen Studierenden mit demokratischen Gepflogenheiten in Deutschland vertraut zu machen, macht er zur Bedingung, dass eine Frau – eine von ihm ausgew?hlte Mitarbeiterin der TU M?nchen – erste Vereinsvorsitzende wird.
Von 2011 bis 2015 ist Alireza Assobar f?r die deutsch-franz?sische Unternehmensberatung und Wirtschaftspr?fungsgesellschaft Sopra Steria in M?nchen t?tig, 2016 schlie?t er sich der weltweit f?hrenden Beraterfirma Deloitte an. Er betreut internationale Projekte in den Segmenten Finanzen, IT-Beratung sowie SAP-Implementierung und Integration und widmet sich als Consulting Manager f?r „digitale Transformation“ und „M & A Post Merger Integration“ auch den Themen Diversit?t, Inclusion und Happiness. F?r seine Podcast-Reihe „Deloitte Breaking Bias“ wird er ebenso ausgezeichnet wie f?r sein Engagement im Unternehmen: die Deloitte-Mitarbeiter w?hlen ihn zum ersten „Diversity-Botschafter“.
Als Happiness Manager demonstriert er, dass gute Laune am Arbeitsplatz die Produktivit?t steigern kann: Aus der j?hrlich vorgenommenen anonymen Mitarbeiterumfrage unter allen Deloitte-Mitarbeitern im Bereich Unternehmensberatung geht hervor, dass die von Alireza Assobar betreute Mitarbeitergruppe die gl?cklichste Gruppe mit den besten Ergebnissen und der geringsten Fluktuationsrate im Unternehmen ist.
2023 gr?ndet der 47 Jahre alte Vater einer Tochter eine eigene Initiative, die Unternehmen und ?ffentliche Organisationen im Bereich Diversity, Employer und Leadership Branding unterst?tzt und deren Unternehmensmarke sichtbarer macht. Zudem ist er als Keynote-Speaker aktiv und h?lt Impulsvortr?ge zum Thema. In seiner Freizeit trainiert er ein Unterallg?uer Fu?ball-Juniorenteam aus Buben und M?dchen. Alireza Assobar: „Als Vater einer achtj?hrigen Tochter finde ich es gut, wenn Kinder Vielfalt erleben und M?dchen fr?hzeitig mit den Spielregeln der m?nnerdominierten Welt konfrontiert werden. Es ist wunderbar zu sehen, wie positiv und unvoreingenommen Kinder damit umgehen.“
Keywords:Inklusion, Diversit?t, Gesellschaft, Employer und Leadership Branding, Kultur, digitale Transformation, Wirtschaft, Unternehmensberatung
Powered by WPeMatico