Die führenden deutschen Unternehmen gefährden ihren langfristigen Erfolg, weil sie kein klares Leitbild als Kompass für ihr Handeln haben. Das macht die Leitbildstudie 2020 der Managementberatung Horváth & Partners deutlich. Sie analysiert die 90 DAX-30- sowie MDAX-Unternehmen und zeigt, dass diese noch großen Nachholbedarf haben: Lediglich ein einziges Unternehmen hat ein vollständiges Leitbild definiert.
Aus Sicht der Studienautoren setzt sich ein komplettes Leitbild aus fünf Faktoren zusammen: Purpose, Mission, Vision, Leitsätze und Werte. Diese Elemente haben die Experten im Frühjahr 2020 in der öffentlichen Kommunikation der führenden deutschen Unternehmen untersucht. Das Ergebnis: Vollständige Leitbilder sind vielfach Fehlanzeige. „Die Erstellung von Leitbildern mit den Elementen Purpose Mission, Vision, Leitsätze und Werte sollte heute jedoch zu den Standards der Strategiearbeit von Unternehmen gehören, um den langfristigen Markterfolg nicht zu gefährden“, sagt Dr. Oliver Greiner, Partner im Bereich Strategy & Innovation bei Horváth & Partners.
Überzeugende Antworten auf fünf zentrale Fragen nötig
Dabei müssen die Unternehmen zentrale Fragen beantworten: Welchen Beitrag leistet das Unternehmen für eine bessere Welt (Purpose)? Welchen kundenbezogenen Auftrag erfüllt es (Mission)? Welches Zukunftsbild hat es (Vision)? An welchen Eckpunkten kann sich die tägliche Entscheidungsfindung orientieren (Leitsätze)? Welches Verhalten wird von Mitarbeitern erwartet (Werte)? Ein überzeugendes Leitbild, so die Studienautoren, erwächst erst aus dem Zusammenspiel dieser fünf Elemente. Das kann bisher nur der Gesundheitskonzern Fresenius vorweisen. 13 Prozent der Firmen kommunizieren mit vier Leitbildelementen, 38 Prozent mit drei. 10 Prozent nutzen bislang kein einziges Element eines Leitbildes – ein alarmierendes Ergebnis.
Kompass gesucht
„Gerade in unsicheren Zeiten wie der aktuellen COVID-19-Pandemie benötigen Unternehmen einen eindeutigen Leitstern als Kompass“, sagt Horváth-Experte Greiner. Denn ein klares Verständnis von Sinn, Auftrag und Anspruch des Unternehmens steigert die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber. Auch externe Stakeholder wie Kunden, Bewerber und Investoren legen immer mehr Wert darauf, dass Unternehmen eine übergeordnete Existenzberechtigung vorweisen können. Nicht ohne Grund war Purpose eines der dominierenden Themen beim diesjährigen Weltwirtschaftsforum in Davos.
Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr
In die Konzernzentralen ist jedoch Bewegung gekommen. Viele Unternehmen haben im vergangenen Jahr ihre Hausaufgaben gemacht und einen Unternehmenszweck formuliert. Das belegt der Vergleich der Studienergebnisse mit der Vorjahresuntersuchung: Während 2019 bei nur 20 Prozent der DAX-30- und MDAX-Kandidaten ein Purpose zu finden war, sind es in diesem Jahr bereits 39 Prozent. Das entspricht fast einer Verdopplung. Mit einer Mission können in diesem Jahr 40 Prozent aufwarten, 63 Prozent mit einer Vision und 24 Prozent mit Leitsätzen. Werte sind mit 66 Prozent das am häufigsten kommunizierte Element. „In den deutschen Chefetagen setzt sich die Erkenntnis durch, dass man sich beim Leitbild keine Schwäche erlauben darf. Offen ist allerdings, wie viele Unternehmen sich tatsächlich nachhaltig am Wohl der Gesellschaft ausrichten werden“, fasst Greiner zusammen.
Über die Studie
Für die Leitbildstudie 2020 hat Horváth & Partners die öffentlich kommunizierten Leitbilder der 90 DAX-30- und MDAX- Unternehmen recherchiert und analysiert. Da die Begrifflichkeiten wie Purpose oder Vision in der Praxis nicht einheitlich verwendet werden, erfolgte eine sachlogische Strukturierung der einzelnen Elemente entsprechend der Definitionen. Die Datenerhebung fand im Zeitraum von März bis Mai 2020 statt. Die Studie ist verfügbar unter https://bit.ly/34vd9Ks
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