Coaching ist in Unternehmen l?ngst kein Luxus mehr, sondern ein entscheidender Faktor f?r nachhaltige Entwicklung. Ob es um F?hrung, Konflikte oder Ver?nderungsprozesse geht – der richtige Coach kann helfen, neue Perspektiven zu er?ffnen, Potenziale zu entfalten und langfristige Erfolge zu erzielen. Doch die Wahl des passenden Coaches ist oft eine Herausforderung.
Der Markt f?r Coaching w?chst rasant, doch nicht jede oder jeder, der sich Coach nennt, bringt auch die n?tige Expertise mit. Wie trennt man echte Profis von selbsternannten Motivationsrednern, Beratern mit viel Fachwissen und Lebensrettern? Welche Kriterien sollten Unternehmen bei der Auswahl beachten? Und welche Rolle spielen Erfahrung, Methoden und Branchenkenntnisse?
Ein guter Coach bietet mehr als nur Impulse – er oder sie hilft dabei, nachhaltige Ver?nderungen anzusto?en. Coaches begleiten Entwicklungsprozesse. Was dabei entscheidend ist und welche Methoden die richtigen sind, das sind die Herausforderungen, die Unternehmen beim Finden eines Coaches zu meistern haben. Doch worauf genau kommt es bei der Auswahl an?
Dazu gibt Alexandra Hagemann, Expertin f?r F?hrungskr?fteentwicklung und Coaching sowie Pr?ferin beim Berufsverband f?r Training, Beratung und Coaching, Einblicke in diesem Interview.
1. Was zeichnet einen guten Coach aus?
Ein guter Coach f?r F?hrungskr?fte braucht vor allem: Haltung. Gute Selbstreflexion und dann das passende psychologische und methodische Fachwissen. Es geht nicht darum es besser zu wissen, weil man es selbst schon einmal erlebt hat. Sondern es braucht die F?higkeit, zuzuh?ren, R?ume zu ?ffnen und auch einmal unbequeme Fragen zu stellen. Sonst bleibt Coaching an der Oberfl?che bzw. mutiert zu Besserwisser-Beratung. Es ist ganz klar definiert: : Coaching hei?t nicht: Ratschl?ge zu geben. Es bedeutet mit dem Klienten Ziele zu definieren und den Prozess zu gestalten. Also auch Denkprozesse in Gang zu setzen, dysfunktionale Glaubenss?tze aufzudecken und H?rden, die bei der Zielerreichung im Weg stehen, zu entdecken. Es geht darum, bei der Entwicklung etwas zu bewegen. Dabei braucht es Vertrauen, Klarheit und manchmal auch Konfrontation. Vor allem aber braucht es einen Menschen, der sich nicht in den Vordergrund stellt, sondern die Entwicklung und individuellen St?rken anderer in den Mittelpunkt r?ckt.
2. Viele Coaches sind auch TrainerInnen. Was ist der Unterschied?
Im Coaching geht es um die Entwicklung des Einzelnen oder aber die L?sung einer Situation (z.B. im Konfliktcoaching). Es geht um das Setzen sowie Erreichen von Ziele, die Prozessbegleitung und darum, die eigene Handlungskompetenz zu reflektieren und auszubauen. Diese Ziele sind in der Regel sehr pers?nlich bzw. personenbezogen. In Trainings werden eher Skills und Fertigkeiten vermittelt und eben auch angewendet und ausprobiert. Hier gibt es vom Dozenten bzw. vom Unternehmen definierte Lernziele, die dann mittels der richtigen didaktischen Aufarbeitung und der geeigneten Methoden erreicht werden sollen. Nat?rlich wird auch hier die Handlungsf?higkeit ausgebaut, aber es ist in der Regel wesentlich allgemeiner auf den Arbeitsalltag bezogen. Dar?ber hinaus w?rde man ein Training von Richt- und Grob- und Feinlernziele komplett anders konzipieren und gestalten als ein Coaching. Hier hei?t es situativer zu agieren und in jeder Einheit neu zu definieren, was das aktuelle Ziel ist.
3. Welche Fehler machen Unternehmen oft bei der Auswahl von Coaches?
Leider schauen viele als erstes auf den Preis. Doch gerade hier gibt es Indizien daf?r, ob ein Coach erfolgreich ist und sich komplett selbst damit finanzieren kann oder ob die Person das Nebenher macht. Dar?ber hinaus erlebe ich oftmals eine Ungeduld. Coaching kann wunderbar ?ber Wochen und Monate begleiten, reflektieren und in der Entwicklung unterst?tzen. Aber man wei? im Vorfeld nie, wie viele Termine es wirklich braucht. Die Erwartung, dass nach einem Termin alles f?r immer und ewig klar und umgesetzt ist, ist utopisch.
Gute Coaches sind Sparringspartner, sie unterst?tzen und reflektieren F?hrungskr?fte in ihrem Handeln und eben auch in den Dingen, die vielleicht nicht gegl?ckt sind. Sie sind auch die externen Ansprechpartner vor denen sie Schw?che, Unsicherheit und auch Zweifel zeigen k?nnen. Das zu erkennen w?rde Unternehmen einen unglaublichen Mehrwert bringen, denn mit Coaching w?rden sie zahlreiche Menschen in der Entscheidungsfindung bzw. in ihrer aktiven Handlungsf?higkeit massiv unterst?tzen. Denn am Ende kommen die Klienten auch selbst auf ihre L?sungen.
4. Welche Rolle spielen Methoden und Konzepte?
Methoden geben Sicherheit, Struktur und Tiefe. Ich arbeite sehr gerne mit st?rkeorientierten Ans?tzen wie dem 8S St?rkeprofil? denn dieses reflektierende und zugleich ressourcenorientierte Denken passt zur L?sungsorientierung im Coaching. Aber ich bin keine Dogmatikerin. Entscheidend ist, was das Gegen?ber braucht. Und das erkenne ich nicht aus dem Lehrbuch, sondern im Gespr?ch, in einer klaren und auch realistischen Auftragskl?rung. Gute Coaches k?nnen Methoden flexibel einsetzen – und manchmal auch ganz bewusst weglassen, wenn es dem Prozess dient. Was z?hlt, ist das Ziel, also die Auftragskl?rung und dann Wirksamkeit bzw. die Steigerung der Handlungsf?higkeit und damit der Selbstwirksamkeit.
5. Wie erkennt man, ob ein Coaching erfolgreich war?
Was genau ist Erfolg? Messbarer Erfolg in Zahlen zeigt sich nicht immer sofort. Die meisten sind erst einmal unglaublich dankbar und oftmals auch total motiviert, weil sie neue oder konkrete Handlungsoptionen erarbeitet oder ein Problem zumindest gedanklich gekl?rt haben. Oftmals entsteht Klarheit – ?ber Rollen, ?ber Verantwortung, ?ber Stressoren oder auch ?ber den n?chsten Schritt. Wenn jemand mit mehr Fokus, mehr Selbstsicherheit und vielleicht auch mit mehr Leichtigkeit aus dem Coaching geht, ist viel gewonnen. Wenn Zweifel pl?tzlich einem L?sungsdenken weichen m?ssen, dann haben sie Handlungskompetenz und damit auch Selbstwirksamkeit gewonnen. Ich sehe es als gutes Zeichen, wenn Coachees anfangen, sich selbst und ihre Teams anders zu sehen. Wenn sie neue Perspektiven einnehmen. Und wenn sie danach sagen: „Das hat mir wirklich etwas gebracht – beruflich und pers?nlich.“ Ver?nderung ben?tigt Zeit, man sollte auch immer die kleinen Erfolge feiern.
Haben Sie deswegen auch das Buch 30 Minuten Empowerment geschrieben?
Ja, tats?chlich habe ich sowohl in den Trainings als auch in den Coachings irgendwann festgestellt, dass ich Menschen immer dabei begleite und unterst?tze ihre pers?nliche Handlungsf?higkeit auszubauen. Gleichzeitig sind sehr viele von ihnen so im Business abgetaucht, dass sie gar nicht zu den Frage kommen: Was kann ich eigentlich? Was liegt mir besonders? Was kostet mich extrem viel Energie? Wie sind meine typischen Handlungsmuster? Welche Bios pr?gen mich…. Und die Welt wird immer schneller und anspruchsvoller. Das einzige was uns dabei hilft ist darauf zu vertrauen, dass wir die Welle, die auf uns zukommt, surfen k?nnen.
6. Was raten Sie Unternehmen, die auf der Suche nach einem Coach sind?
Fragen Sie sich zuerst: Was soll das Coaching bewirken? Geht es um F?hrung, um den gezielten Umgang mit Situationen oder um pers?nliche Entwicklung ?
Ich erlebe oft Anfragen nach NLP Coaching. Wenn ich dann zur?ck frage, was denn eigentlich das Ziel ist, dann sind noch immer Leute verbl?fft. Denn erst wenn ich das Ziel kenne, dann kann ich die passenden Techniken und Methoden w?hlen.
Suchen Sie dann jemanden, der gut ausgebildet ist. Wie gesagt: In Deutschland ist der Begriff „Coach“ nicht gesch?tzt. Die Guten wiederum sind sich dessen bewusst und in Berufs- bzw. Coachingverb?nden organisiert. Sie stellen sich kontinuierlich selbst Weiterbildungen, denn auch wir sind Menschen und m?ssen unsere Themen bearbeiten. Es geht also nicht nur darum methodisch fit zu sein, oder aus der fachlichen Branche zu kommen. Es geht darum Menschen zu verstehen, sie zu lesen und sie zu erreichen. F?hren Sie ein echtes Gespr?ch und kl?ren sie die Rollen.
Der Auftraggeber ist das Unternehmen, doch das eigentliche Ziel f?r die Session kann nur zwischen dem Coach und dem Coachee definiert werden.
Es gibt zwei M?glichkeiten. Die F?hrungskraft oder die Personalentwicklung schl?gt jemanden geeignetes vor, weil sie die Arbeitsweise, die Philosophie oder die Themenschwerpunkte kennen. Oder aber es werden 2-3 Personen zur Auswahl gestellt und beim Kennenlernen wird geschaut, wer matchet. Coaching ist Vertrauenssache und eine Investition, die sich nur lohnt, wenn sie wirklich passt. Wobei ich gleichzeitig sagen w?rde, dass gute Coaches sich immer anpassen k?nnen. Denn auch wenn Sie den Klienten beispielsweise in einem Thema triggern, sollten sie dies sofort sp?ren und damit umgehen k?nnen.
?brigens ist Coaching in ?sterreich ein Studium ?ber 6 Semester! Ich bin sicher, dass auch diverse Ausbildungen immer wieder zur Qualit?t von Coaches beitragen. Und viele Verb?nde haben eine Expertendatenbank online (z.B. Der Berufsverband f?r Training, Beratung und Coaching (BDVT) https://www.bdvt.de/bdvt/experten-expertinnen/) Hier findet man auf jeden Fall qualifizierte Coaches.
7. Warum sind Sie eigentlich Coach oder m?sste man sagen Coachin?
Ich gendere es tats?chlich nicht. F?r mich ist es aber auch kein Thema. Und Coach bin ich, weil gl?cklicherweise Beruf und Berufung zusammen passen. Es gibt fast nichts sch?neres als zu erkennen: Ich kann mein Leben gestalten und beeinflussen. Es hilft uns nichts, Opfer meiner Umst?nde zu sein. Sicherlich ist das eine Rolle und sie bringt manchen Menschen auch eine gewisse Aufmerksamkeit. Aber das macht nicht gl?cklich. Dinge selbst zu erreichen, aktiviert unser neuronales Belohnungssystem, l?sst dieses k?rpereigene Endorphine aussch?tten und versetzt uns in den Zustand von Freude und Zufriedenheit. Man muss sich nur mal kleine Kinder in ihrer „Selbst-Phase“ anschauen. Die Ergebnisse scheinen f?r manche Augen katastrophal zu sein, doch die Kinder strahlen vor lauter Stolz es selbst getan zu haben.
Die Anforderungen an berufst?tige Menschen sind zudem elementar gestiegen. F?hren lernen wir on the Job, Kommunikation geschieht auf diversen Kan?len, die Rollen im Privatleben sind anspruchsvoller geworden und das Alltagsgeschehen ist durch unsere kontinuierliche Erreichbarkeit wesentlich schneller geworden. Wir haben extrem wenig Zeit zu reflektieren, Dinge setzen zu lassen oder uns dar?ber noch mal auszutauschen. Im Coaching nehmen wir uns genau diese Zeit und reflektieren unser handeln bzw. planen die n?chsten Schritte.
Selbstwirksamkeit ist eine absolut untersch?tzte F?higkeit. Es lohnt sich, diese auszubauen. Und meine Vision ist, dass die ganzen ManagerInnen und C-Levels dazu stehen, dass die meisten im Hintergrund einen Coach haben, der dann zur Seite steht, wenn sie ihn brauchen. Also ?hnlich wie in Amerika, wo die Leute damit prahlen, zu welchem Psychiater sie gehen, tr?ume ich davon, dass wir in Deutschland auch ?ffentlich erz?hlen, mit welchem Coach wir arbeiten.
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