Gender Consulting für Hochschulen: 6 Fragen an Dr. Simone Burel

Nur ein Viertel der Professuren an deutschen Universitäten und Fachhochschulen ist von Frauen besetzt. Wie kann die Wissenschaft für mehr Gleichberechtigung sorgen?

Die Hälfte der deutschen Studierenden, die erfolgreich einen Hochschulabschluss machen, ist weiblich. Doch in der Wissenschaft ist der Frauenanteil bislang noch deutlich unterdurchschnittlich: Nur rund jede vierte Professur an den 50 größten deutschen Hochschulen ist von einer Frau besetzt: Der Anteil ist zwar in den letzten Jahren gewachsen, allerdings langsam. Was die Gründe dafür sind und wie Hochschulen das ändern können, erklärt Dr. Simone Burel. Sie ist Geschäftsführerin der auf Gender Consulting spezialisierten Unternehmensberatung LUB GmbH, die auch unter der Marke „Dr. fem. Fatale“ zu diesem Bereich berät. Zu Ihren Kunden zählen Unternehmen ebenso wie Universitäten und Fachhochschulen, die sie bei Strategieentwicklung im Kommunikations-, Personal- und CSR-Bereich berät.

Frau Dr. Burel, Sie sind spezialisiert auf Gender Consulting für Hochschulen, sogar mit einer eigenen Marke „Dr. fem. Fatale“. Bislang wird nur jede vierte Professur an Universitäten und Fachhochschulen von einer Frau besetzt. Die Tendenz ist immerhin steigend – ist die Gleichberechtigung bald geschafft?

Burel: Obwohl die Gleichberechtigung der Geschlechter von vielen Seiten gefordert wird, sieht zumindest die Realität an den Hochschulen anders aus: Frauen sind fast überall unterrepräsentiert. An technischen Hochschulen ist der Frauenanteil noch deutlich niedriger.

Woran liegt das?

Burel: Neben individuellen Faktoren, wie Glaube, Einstellung und Stereotype eines jeden Einzelnen, gibt es auch so genannte „institutionelle Faktoren“, die bestehende Ungleichheiten wiederholen und verfestigen. Kanadische Wissenschaftler haben festgestellt, dass solche institutionellen Ungleichheiten auch in Stellenanzeigen bestehen.

Welche Unterschiede werden aus Gender-Perspektive in Stellenanzeigen gemacht?

Burel: Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass männliche Worte wie „dominant“ oder „kompetitiv“ häufiger in Stellenausschreibungen von männer-dominierte Berufen auftauchen. Und dass die bloße Präsenz dieser Worte Frauen immer wieder davon abhält, sich für diese Berufe zu bewerben. Wir haben die Ergebnisse zum Anlass genommen, dies auch in deutschen Stellenanzeigen zu untersuchen und haben 32.000 Job-Angebote durchforstet. Mit ähnlichem Ergebnis.

Ein Interessantes Phänomen – was steckt dahinter?

Burel: Feine Unterschiede in der Verwendung von geschlechtsspezifischen Formulierungen beeinflussen die Wahrnehmung von Berufen. Frauen und Männer bewerben sich in der Folge bevorzugt auf Stellen, die ihrem Geschlecht am ehesten entsprechen, weil sie dadurch Gruppenzugehörigkeit und Anpassung empfinden.

Das trifft auch auf die Ausschreibungen von Professoren-Stellen zu?

Burel: Ja. Eine eher maskulin formulierte Ausschreibung signalisiert, dass in diesem Beruf viele Männer arbeiten und sie spricht daher auch eher Männer an. Bei Ausschreibungen mit technischer Ausrichtung ist dies besonders häufig der Fall. Frauen wiederum nehmen wahr, dass sie dort nicht hingehören und bewerben sich in der Folge auch nicht für die Stelle. Gender Wording ist somit auch ein Hinweis für Zugehörigkeit.

Ihre Beratung beschäftig sich mit Gender Consulting: Welche Empfehlung geben Sie den wissenschaftlichen Einrichtungen, die in Stellenanzeigen gezielt Frauen ansprechen wollen?

Burel: Der erst Schritt ist immer, sich dieses Problems bewusst zu sein. Wenn Hochschulen diese unproduktiven Denk- und Sprachmuster überwinden wollen, können Workshops oder Coachings helfen, wie wir sie auch anbieten. Außerdem können Hilfsmittel zum Einsatz kommen: Es gibt beispielsweise Wörterbücher, die mit Maskulinität und Feminität assoziierte Worte umfassen. Und mit Hilfe von Textanalyse-Software und Algorithmen lassen sich heute Probleme in der gendergerechten Sprache sehr viel schneller entdecken und lösen.

Keywords:Gender,Consulting

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