Homeoffice, Reiseverbote, Konferenzen werden verschoben, abgesagt oder virtuell abgehalten. Quarantänen. Social Distancing. Das ist das „new normal“. Wenn der Ausdruck „VUCA“ (Akronym für die volatile, unsichere, komplexe und mehrdeutige Welt) jemals angebracht erschien, dann ist es jetzt, weiß Dorette Segschneider.
„Die Planungsunsicherheit bringt mich um. Ich bin wie gelähmt – soll ich jetzt wirklich diese Entscheidung treffen? Über Jahrzehnte hinweg war Planungssicherheit für mich die Basis des Wirtschaftens. Und jetzt? Ich habe zunehmend Angst, das Falsche zu tun.“ Sehr präzise konnte der Vorstand beschreiben, wie ihn die aktuelle Situation zunehmend schlaflose Nächte bereitet, berichtet Dorette Segschneider. Geplagt von „What if“-Gedanken, negativen Szenarien und der permanenten Suche nach dem Mut, eine Entscheidung zu fällen suchte er im Executive Sparring nach einer Lösung.
Der Vorstand befinde sich in bester Gesellschaft. Da es keine Vorlage dafür gebe, wie man am besten mit der aktuellen Situation umgeht, ringen viele Entscheidungsträger darum, die richtige Balance zwischen achtsamer Vorsicht und panischer Überreaktion zu finden. Angesichts so vieler Unbekannter scheine es auf den ersten Blick eine vernünftige Reaktion, die „extra-sicher-Karte“ zu spielen. Doch zu sicher zu gehen, berge seine eigenen Risiken.
Um die Ungewissheit so zu steuern, dass die anhaltenden Herausforderungen minimiert werden, müssen alle, die eine Führungsrolle innehaben, die Angst im Zaum halten. Auch wenn es irgendwann viele Fallstudien aus dieser turbulenten Zeit geben wird, gehe es darum jetzt handlungsfähig zu bleiben – mit mehr Ruhe und Mut, weniger Panik und Angst.
„Fakt ist, das aktuell jeder Leader lernen muss, mit der Unsicherheit zu leben und auch unter Druck handlungsfähig zu sein. Hadern oder Jammern macht es nur noch schlimmer. Im Sparring arbeite ich mit meinen Klienten u. a. an drei wesentlichen Stärkepunkten, die dann auch den Wendepunkt für mutigere und angstfreie Entscheidungsverhalten bringen,“ erklärt Dorette Segschneider.
„Ich würde lieber einfach das Coronavirus bekommen und damit fertig werden, als mir all diese ängstlichen Spekulationen anzutun“, so der Geschäftsführer in der ersten Session, zu Dorette Segschneider. Das Learning daraus: Die Menschen hassen Unsicherheit. Die Ungewissheit über das Potenzial eines Ereignisses, das Angst macht, verursache oft mehr Angst als das Ereignis selbst.
Die Lösung sei einfach: Lead Yourself. Alle Führung beginne mit der Selbstführung. Angesichts der immensen Unsicherheit im Zusammenhang mit dem Coronavirus sei es von entscheidender Bedeutung, dass Führungskräfte sich zunächst über ihre Vorbildfunktion klar werden und Selbstbewusstsein aufbauen – unabhängig von äußeren Entwicklungen. Dabei gehe es um die rein rationale Betrachtung des Selbst-Bewusstseins (Self-Awareness). „Awareness oder Achtsamkeit steht ja bekanntlich auf dem Eso-Zettel und ist damit unerwünscht bei vielen Top-Entscheidern. Selbst-Bewusstsein hätten sie dagegen alle gerne“, sagt Dorette Segschneider. „Dabei ist Selbst-Bewusstsein – wie der Name schon sagt – nur möglich, in dem man sich bewusst macht, was man tut. Oder neudeutsch: Awareness trainiert.“
Die Forschung zeigt, dass Menschen mit einem hohen Maß an Selbstbewusstsein in der Lage sind, in Drucksituationen ruhiger zu bleiben. Die Stanford University fand heraus, dass das Selbstbewusstsein über die eigenen Werte z. B. eine Art psychologisches Sicherheitsnetz bietet, das helfen kann, die Angst in unsicheren und turbulenten Zeiten wie diesen in Schach zu halten.
„Stärken Sie Ihr Selbst-Bewusstein, indem Sie sich als emotionales Barometer betrachten, das die emotionale Temperatur Ihrer Mitarbeiter festlegt und Ihnen Anhaltspunkte dafür gibt, wie sie reagieren sollten“, rät Dorette Segschneider und fügt hinzu: „Wenn Sie ängstlich und gestresst sind, wird sich Ihre Angst wie ein Virus in Ihrem Team und Ihrer Organisation ausbreiten und eine größere Bedrohung für den zukünftigen Erfolg darstellen als jede andere externe Bedrohung. David Rock vom NeuroLeadership Institute hat herausgefunden, dass unser Grad der Angst in einem umgekehrten Verhältnis zu unserem Grad der Wahrnehmung steht. Je gestresster wir sind, desto weniger klug denken wir.“
Informationslosigkeit und Verschwörungstheorien rund um das Coronavirus haben viele Menschen in die Angst hineingezogen. „Sie katastrophisieren Weltuntergangsszenarien und handeln irrational. Der Mangel an Toilettenpapier in den Regalen der Geschäfte auf der ganzen Welt zu Beginn der Coronazeit ist nur ein Beispiel von vielen“, bekräftigt die Sparringspartnerin für Executives.
Das Wichtigste sei, dass die Führung offen, ehrlich und transparent darüber spricht, was sie tut und warum. „Antizipieren Sie die Gerüchteküche Ihrer Organisation und informieren Sie regelmäßig über genau das, was im Unternehmen vor sich geht, und wie sie planen, damit umzugehen“, rät Dorette Segschneider. Denn sobald man die Tür für Spekulationen öffne, komme es zu irrationalen Verhaltensweisen und Panik.
Auto-Chef Lee Iacocca hat einmal gesagt: „Das einzige Wort, das einen guten Manager ausmacht, ist Entschlossenheit.“ Doch das sei in diesen Zeiten einfacher gesagt als getan. Wenn man es mit einer immensen Unsicherheit wie im Moment zu tun habe, löse allein das Fällen einer Entscheidung bei vielen Menschen nur noch mehr Ängste aus.
„Die Lösung: Treffen Sie die beste Entscheidung, die Sie mit dem, was Sie derzeit wissen, jetzt treffen können“, schlägt Dorette Segschneider ihren Klienten vor und fügt abschließend hinzu: „Treffen Sie Entscheidungen mit einem iterativen Mindset. Sobald Sie mehr wissen, treffen Sie eine neue Entscheidung. Lassen Sie sich nur nicht durch die Angst, eine falsche Entscheidung zu treffen, davon abhalten, irgendeine Entscheidung zu treffen. Die Menschen brauchen gerade jetzt eine mutige, entschlossene Führung, nicht Zaudern und Scheu.“
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