Grafing b. M?nchen, 14. November 2024 – Nachhaltigkeit spielt in der Produktentwicklung aktuell erst bei rund einem Viertel der Unternehmen eine zentrale Rolle. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter Teilnehmern beim Blueprint Talk zum Thema Green Engineering, der diese Woche live aus der CADFEM Firmenzentrale in Grafing bei M?nchen ?bertragen wurde. 35 Prozent der Teilnehmenden gaben an, dass Nachhaltigkeit zumindest teilweise schon ber?cksichtigt werde. Bei 13 Prozent spielt sie in der Entwicklung neuer Produkte noch gar keine Rolle. Insgesamt hatten sich mehr als 400 Interessierte zum Talk angemeldet.
Dass Nachhaltigkeit noch nicht mehr Bedeutung hat, h?nge auch mit den Herausforderungen zusammen, die damit verbunden sind. Darin waren sich die die Gespr?chspartner von Blueprint-Moderatorin Sarah Yvonne Elsser weitgehend einig. Bernd Vojanec vom Antriebe-Hersteller Wittenstein betonte, dass sich Nachhaltigkeit aus vielen Facetten zusammensetze. „Dazu geh?ren Reparierbarkeit eines Produkts, die l?ngere Lebensdauer und ein optimales Design, das wiederum zu Abstrichen bei der Reparierbarkeit f?hren kann.“ Eine weitere Facette, darin waren sich Experten und Teilnehmende einig, ist der Energieverbrauch bei der Herstellung.
Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung sei auch deswegen eine Herausforderung, weil sie Expertise und Umdenken erfordere, sagte Therese Seiringer von Thyssenkrupp Automotive Technology. „Wo Prozesse ?ber Jahre hinweg etabliert wurden, muss man Umschulungen machen, das Wissen intern aufbauen, und das bedeutet auch hohe Investitionskosten.“ Zudem sei Nachhaltigkeit ein sehr komplexes Thema: „Wenn wir von Nachhaltigkeit sprechen, gehen damit auch immer soziale Aspekte einher.“ Dazu geh?re am Ende der Produktion auch die Frage nach dem Umgang mit ?bersch?ssigen Materialien, „die fr?her Abfall waren, die ich vielleicht weiterverwenden kann“.
Tsunami an Regulatorik hilfreich
Grunds?tzlich bewerteten die Experten Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung als extrem wichtig. Stefan Gatersleben von Schaeffler sieht darin Chancen f?r einen Kulturwandel in der industriellen Produktion. „Das kann aber nur gelingen, wenn ich einen ?berblick ?ber die eingesetzten Werkstoffe habe.“ Die zum Teil umfassenden gesetzlichen Regularien seien dabei hilfreich, aber auch umfangreich. „Es ist eine Flut, ein Tsunami an Regulatorik, der zu ordnen und zu ?berblicken ist.“ Als Zulieferer sei Schaeffler „in einer Sandwich-Position“ zwischen Zulieferern und dem Kunden, der am Ende daraus ein Gesamtprodukt erstellt. „Regulatorik hilft unserer Firma. Wir m?chten Vergleichbarkeit auch f?r unsere Lieferanten, daf?r brauche ich Standards.“
Bernd Vojanec betonte, dass man f?r eine wirkliche Kreislaufwirtschaft wissen m?sse, was konkret in welchem Produkt steckt. „Wenn keiner wei?, was genau drin ist, ist ein Recycling oder eine Wiederaufbereitung nicht m?glich.“ Man bekomme Nachhaltigkeit nicht in den Griff, wenn man die Daten nicht im Griff hat. Auch hier sahen die Gespr?chs-Experten gro?e Vorz?ge durch Digital Engineering.
Auch Stefan Kuntzagk von der Lufthansa Technik hob die M?glichkeiten von Digital Engineering hervor und verglich es mit einer Brille, die manche Details erst sichtbar macht. Bei Flugzeugen habe man durch numerische Simulation die M?glichkeit durch kleinste ?nderungen zum Beispiel an der Au?enhaut den Treibstoff-Verbrauch zu senken. „Kleine ?nderungen, mit denen wir was bewegen k?nnen.“ Mit Hilfe der vielen Daten aus dem Flugbetrieb (Big Data Analytics) k?nne zudem etwa ein auff?lliges Verhalten zum Beispiel bei Triebwerken fr?hzeitig erkannt und korrigiert werden, was am Ende positive Auswirkungen habe.
Von au?en k?nne man oft nicht sehen, was passiert, wenn einzelne Parameter ge?ndert werden. Digital Engineering zeige aber enorme Einsparm?glichkeiten auf, jedes Kilo weniger CO2 spare auch Geld. „Simulation macht das m?glich.“ Sie helfe au?erdem, so Bernd Vojanec, „die Entwicklungszeit zu verk?rzen und auf Tests zu verzichten oder auf viel h?herem Level in Tests einzusteigen“.
Nachhaltigkeit ist ein Teamplay
Nachhaltigkeit in der Produktentwicklung ist aber nicht nur eine Frage der Simulations-Tools. „Bei Unternehmen unserer Gr??e geht es auch darum, sich der damit einhergehenden Verantwortung bewusst zu sein“, sagte Therese Seiringer. Wo es Sinn macht, m?ssten Nachhaltigkeitsziele in die Planung und den gesamten Entwicklungsprozess integriert werden. Das betreffe auch Gremienarbeit, da seien Abstimmungen mehrerer Units n?tig, denn Entscheidungen zur Nachhaltigkeit „m?ssen ja auch in den jeweiligen Arbeitsalltag passen“. Nach Stefan Gatersleben ist Nachhaltigkeits- oder Sustainability-Management daher „nichts anderes als ein Teamplay von unterschiedlichen Einheiten des Unternehmens“.
Mit Blick auf den ab 2027 in der EU verpflichtenden Digitalen Produktpass rieten die Gespr?chsteilnehmer zur Vorbereitung. Es sei wichtig, schon jetzt das Thema Nachhaltigkeit mit Hilfe digitaler Tools auszuprobieren und nach und nach umzusetzen. Dabei k?nne man Schritt f?r Schritt die eigene Expertise aufbauen und feststellen, dass auch niederschwellige Simulation viel bewirken kann. Das k?nne vor allem im Mittelstand auch gemeinsam in Kooperation von Firmen oder zusammen mit Branchenverb?nden geschehen.
Der Blueprint Talk ist als Aufzeichnung online verf?gbar unter https://resources.cadfem.net/de-de/blueprint-sustainable-engineering
Keywords:Nachhaltigkeit, Produktentwicklung, Simulation
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